Dienstag, 5. November 2019

Draußen-Menschen


Herbst, fast schon winterlich, früher waren wir in diesem Jahr nicht zusammen gekommen, sollten wir da wirklich noch eine größere Fahrradtour starten? Na klar! Warum nicht?


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Reformationstag und Allerheiligen, darauf folgend ein Wochenende, Treffen auf halber Strecke, das erschien perfekt. Klar würde es kalt sein, natürlich würde es regnen und selbstverständlich wird es früh dunkel zu dieser Jahreszeit, Parameter an denen man nicht schrauben kann, die jedoch erfahrungsgemäß ausschließlich beim "daran denken" unangenehm sind und der später empfundenen Freude selten entgegen stehen.


So ging es dann auch ganz prima los. Stau und falscher Parkplatz auf der einen Seite, Bahnstreckensperrung und falscher GPS-Track auf der anderen Seite. Es war mir wirklich nicht aufgefallen, dass ich, mutmaßlich nach Süden fahrend, die ganze Zeit die Sonne im Nacken hatte. Zusammengekommen sind wir schließlich doch noch. Die Freude war groß, wir sehen uns nicht so oft, und dass wir erst weit nach Anbruch der Dunkelheit bei unserem Nachtdomizil ankamen, war dann auch nicht weiter schlimm. Tolle Unterkunft, hervorragendes Abendessen! Die Kellnerin riet von Scholle ab, die habe Gräten, ich solle doch lieber ein Schnitzel essen - wie weise!


Allerheiligen war Schluss mit lustig. Kalt, windig, uselig (wie der Rheinländer so schön sagt) und der Teuteburger Wald hält so manche überraschende Steigung parat.  Leuchtendes Buchenlaub bei feinem Dauerregen, rechts im Wald eine flitzt eine erwähnenswert große Herde wilder (die kenne ich sonst nur hinter Zäunen) Mufflons davon. Bei noch angenehmer Durchnässung fanden wir einen Bäcker im Supermarkt. In solchen Lokalitäten kann man länger sitzen, diverse Heißgetränke konsumieren, mehrere Stücke Kuchen in Folge essen und dabei entspannt dem Volke beim Einkaufswagenschieben zuschauen. Idealer Weise so lange, bis es wieder aufhört zu regnen. Tat es aber nicht und sollte es auch demnächst, laut aller zu Rate gezogenen Wetter-Apps, nicht tun. Was macht man da? Weiter fahren!


 Nächster Ort, nächste Herberge, tolle Zimmer, ganz wichtig: heiße Dusche, lustiges Ambiente schlechtes Abendessen. Im Angebot waren Schnitzel, Schnitzel und Schnitzel mit jeweils verschiedenen Beinamen aber immer der gleichen furchtbaren Sauce. Der Standart des Hauses hätte mehr verheißen. Wie gut, dass wir solch einen großen Hunger hatten. Nach Planung des weiteren Vorgehens verschwanden wir an diesem Abend dann auch recht bald in den Kojen.


Da wieder Regen angesagt war, hielten wir es etwas kürzer. Der heute gebuchte Landgasthof lag malerisch im Wald, jedoch verkehrsgünstig 200m neben der A1. Gegen 15:00 Uhr waren Eingang und Fenster allesamt verschlossen und niemand hätte darauf gewettet, dass sich dies jemals ändern würde. Da das Wetter gnädig war, erkundeten wir noch das nahe Ladbergen. Dies, so kann ich nun sagen, diente bestenfalls dem Totschlagen von Zeit und dem Erkenntnisgewinn, nicht viel zu verpassen, wenn man es nicht tut. Zwei Stunden später brannte ein Licht in der Herberge, vier Stunden später war der Laden gut gefüllt. Wie man sich doch täuschen kann. Die hiesigen Schnitzel waren soweit nicht zu beanstanden, allenfalls die Tatsache, dass auch hier sich die Speisekarte auch hier mit Schnitzeln aller Art begügt. Schweinebucht! 8,7 Millionen Schweine gleich vor der Haustür - das ist ja so, als würde man sich in Cuxhaven über den vielen Fisch beschweren.


Den Abend verbrachten wir wie üblich mit Philosophieren. Das haben wir vor 40 Jahren schon so gemacht. Gott und die Welt, das Gute und das Gutgemeinte, das da drinnen und das da draußen. Was macht Menschen glücklich, was unglücklich und am Ende noch ein Exkurs über  Drinnen-Menschen und Draußen-Menschen. Vier Tage und wir hatten niemanden im sonst fahrrad-affinen Münsterland auf Tour gesehen - keiner, der unsere Freuden hätte teilen können. Draußen-Menschen sind schon irgendwie besonders.