Montag, 21. Januar 2019

Wintercampen


Ein knappes halbes Jahr habe ich nun schon "Else", mein Wohnwagen in der Ostheide. Der nicht enden wollende Sommer endete dann erstaunlicherweise doch und es folgte ein sommerlicher Herbst mit Temperaturen bis an die 30°C und weiterhin anhaltender Trockenheit - mit anderen Worten, außer dem schwindenden Tageslicht und den vor der "Else" nun prächtig sprießenden Pilzen gab es keinen Unterschied.


Mich beschlich  jedoch die Angst, die nun fast 30jährige  "Else" könne eventuell undicht sein. Allen fehlte es an der Möglichkeit das in der Realität auszuprobieren, es regnete ja nie. Irgendwann ab Anfang Dezember, ich hatte gerade meine abendlichen Barfußrunden durch das Dorf eingestellt, kam es dann doch so, wie es kommen musste. Kalt, regen, dunkel - wobei letzteres sich als das unangenehmste herausstellte. Was will man machen, ohne Licht, ohne Internet, ohne.....


Mitte Dezember war ich das letzte Mal in Radenbeck auf dem Campingplatz. Das Hoflädchen fiel in den verdienten Winterschlaf, das wundervolle vegetarische Café hatte seine Öffnungszeit stark reduziert und dann auch eingestellt. Das Wasser auf dem Platz war abgestellt, lediglich die Sanitäranlagen konnten weiter benutzt werden.


Am letzten Wochenende wurde ich dann doch etwas nervös. Wie mag´s wohl aussehen in der Heide. Das Wetter sollte trocken und kalt werden, es bot sich geradezu an, einmal nach dem Rechten zu schauen. Mit der Wendlandbahn fuhr ich bis Wendisch Evern und stratzte sodann mit Lotte Richtung Osten über den Elbe-Seiten-Kanal und weiter durch die hartgefrorenen Felder und Wälder der Ostheide. Bei Einbruch der Dunkelheit kamen wir, wie geplant, nach 13 km Fußmarsch, an. Im Gepäck, nicht ganz leicht, ein paar nachträgliche Weihnachtsgeschenke für "Else", Lebensmittel für zwei Tage, Wechselklamotten und den üblichen Kleinkram. 


Niemand da! Ich war alleine auf dem Campingplatz. Die Mufflos von der Koppel im Wald waren etwas näher zum Dorf gezogen - man sagt, der Wolf hole sich ab und an einen Leckerbissen auf besagter Koppel. Gasflasche auf (ein alter Freund wünschte mir noch passend, allzeit eine Hand breit Gas in der Flasche, wie gut, denn ich habe gerade nur eine), Strom ans Netzt, Tür.....zugefroren. Im Mausebachthal ist es immer einen Ticken feuchter und kühler als in der Umgebung. Ein beherzter Ruck, die Dichtung war nicht kleben geblieben. Licht an, ups - immerhin funktioniert die halbe Beleuchtung, Gastherme.....achja - mit der Taschenlampe schaute ich nach dem Zünder und schwupp, wohliges Geräusch gefolgt von eben solcher Wärme.


Schade, dass das Heizgebläse zu dem Stromkreis zählte, der sich zierte. Klamm war es, nicht nass, super, nach dem (Dauer)Regen der letzten Woche. Alle das Schaffell, das auf der Sitzbank über dem Spannungswandler lag war auf der Lederseite patschnass. Seltsam, sehr seltsam. Nachdem ich drei mal alle Sicherungen geprüft und mindestens doppelt so oft über die professionelle Verkabelung des Vorbesitzers (es liegt möglicherweise daran, dass der Mann Dachdecker war) den Kopf geschüttelt hatte, gab ich auf. Für das Wochenende würde ich mich mit dem 200 V Anschluss begnügen und auf etwas Luxus verzichten müssen. Apropos Luxus, erst mal einen Kanister Wasser holen. Später sollte ich dann feststellen, dass Wasser im Abfluss spontan gefriert und noch später gelang es mir tatsächlich den Stromfehler durch ein gelangweiltes herumschalten an der Lampe über dem Herd zu beheben. Das Leben ist seltsam aber schön. 


Tortellini mit Pilzsauce und ein Rest Mineralwasser gab es zum Abend. Nach nur 3 Stunden war ich bei kuscheligen 20° C. Ein Achtungserfolg, schließlich ist "Else" nicht isoliert und eigentlich auch nicht wintercampingtauglich. Nicht verschweigen möchte ich allerdings, dass ich mit 2000 W Elektroheizung nachhelfen musste. Derweil zeigte das wieder instand gesetzte Außenthermometer -6°C an. Spülen, heiß duschen, büschen Barfuß, nur ein paar Meter, die Energieverschwendung reduzieren und mit einem Buch unter zwei kuschelige Decken verschwinde. Lotte am Fußende oben drauf. So lag sie dann satte 9 Stunden, leise schnorchelnd und ohne sich einen Millimeter zu bewegen. 


Der Blick aus dem Fenster am Morgen weitete meine Pupillen -  Wow! In der windstillen, kalten Nacht waren Eiskristalle von Rekordgröße gewachsen. Nach einem heißen Kaffee hielt mich nichts mehr. Ich stapfte durch das kleine Naturschutzgebiet hinter dem Platz um ein schönes Foto von "Else" (ganz oben) zu schießen und, naja, vergaß den kleine Bach der da....und das Eis war auch noch nicht so dick, lange Rede kurzer Sinn, ein weiterer Kaffee war nötig und ich hatte die Muße meine Wanderschuhe trocken zu föhnen.


Jetzt aber! Frühstücken kann man ja immer noch. Oh wie wunderbar, oh wie schön! Alles strahlte weiß und die Rehlein waren auch noch da. Ich konnte mich kaum satt sehen an der Pracht. Den angepeilten Zug nach Hamburg würde ich wohl verpassen. Da kam das Angebot der netten Nachbarn, die ein Wochenendhaus in der Nähe haben, mich auf dem Rückweg einzusammeln, wie ein Geschenk. Ein paar überflüssige Polster, die ich immer nur planlos hin und her räume, könnten wir auch noch mit nach Hamburg nehmen. 


Mittag war längst vorbei, als ich bei Kaffee und Müsli gemütlich die Bilder des Vormittags auf dem Tablett betrachtete und dann war das Wochenende auch schon vorbei. Auch Lotte hatte es sichtlich Freude gemacht. Sie ist (ganz anders als Joschi) ein echter Winterhund, Eis und Schnee machen ihr Freude und sie blüht sichtbar auf, wenn es raus auf´s Land geht. Im Auto kam mir jedoch gleich der Gedanke an das nächste Wochenende, je nach Wetterlage könnte man doch.... überlegen.... vielleicht.....