Sonntag, 2. September 2018

Else



Seit geraumer Zeit habe ich die Stadt satt, richtig satt! St. Georg ist nicht mehr der Stadtteil in den ich vor 16 Jahren gezogen bin. Aus meiner beschaulich schönen, ruhigen Ecke ist eine Touristenmeile geworden, es läßt sich kein Ruhepol mehr finden. Großbaustellen rundherum seit mehr als einer halben Dekade setzen dem eine unangenehme Krone auf und die nahezu allwöchentlichen Großevents in der City, von den Harleydays, über Triathlon bis zum Alstervergnügen poltertern allesamt geradezu an unserer Haustür vorüber und öden mich bestenfalls an. Vorbei die Zeiten, wo man spätabens in Puschen eine ruhige Runde mit dem Hund um den Block drehen konnte - schlimmstenfalls fällt jemand vor dir aus einem Reisebus und kotzt dir vor die Füße. Alles zu laut, von allem viel zu viel.


Wie ertragen die Anderen das nur? Bei der Betrachtung des Status Quo fiel mir alsbald auf, dass ganz viele Nachbarn einen Ruhepol außerhalb des städtischen Treibens haben. Vom Ferienhaus in Südfrankreich über Zweitwohnsitze irgendwo bis zum Schrebergarten ist alles dabei. Die müssen das gar nicht immer aushalten, die sind dann einfach mal weg und der G 20 Gipfel geht ihnen am A.... vorbei. 


Außerdem, die meisten Menschen sind eher die "Drinnen-Typen". Mich macht nichts glücklicher, als draußen umher zu streunen und das macht, wie schon gesagt, überhaupt keinen Spaß mehr. So gährte, manchmal kochte, es seit zwei oder drei Jahren in mir, lange Zeit, ohne einer Lösung auch nur ansatzweise näher zu kommen. Tiny Houses sind meine großen Favoriten. Da hängt jedoch eine Menge dran. Schlank sollte die Lösung sein, schlank und sehr günstig, schließlich habe ich eigentlich überhaupt kein Geld. 


Wohnwagen und Campingplatz kamen mir zunächts überhaupt nicht in den Sinn. Das hatte etwas unmöglich altbacken piefiges. Dann bekam ich diesen Tipp mit dem Campingplatz in der Ostheide. Einfach mal hinfahren und zelten, dann sieht man ja wie es so ist da. Ich war definitiv angetan. Ohne Auto musste man hin kommen können, es sollte keine Weltreise sein bis dort. Ruhig sollte es sein, günstig....lange Rede, kurzer Sinn, ich kam an und fühlte mich angekommen. Der Test auf zwei anderen Campingplätzen bestätigten das Bauchgefühl. Da fehlte jetzt nur noch ein günstiger Wohnwagen.


Wie kann man nur so viel Glück haben? Auf einer Radtour stand "Else" unerwartet am Straßenrand. Noch eine Nacht darüber geschlafen und dann per Handschlag gekauft. Der Vorbesitzer ließ sich sogar dazu überreden, sie mir für kleines Geld auf den Campingplatz zu schleppen. Else ist 27 Jahre alt und noch ganz rüstig. Ein Wochenend lang habe ich geschraubt, geputz, repariert und erst mal geschaut, wie alles so funktioniert. Nun bin ich fast fertig und kann dazu übergehen die Umgebung zu erkunden oder einfach nichts zu tun. Wie schön!


Am Ende war ich etwas erschrocken, wie schnell das alles passiert ist. Ist es auch wirklich das richtige? Wir werden sehen, ist ja nur ein Wohnwagen. Lotte, das kleine haarige Monster, ist  jedenfalls sehr gut angekommen. Ganz schnell hat sie verstanden, was man auf dem Campingplatz darf und was nicht - und schwups war sie everybodys darling...