Montag, 6. August 2018

Zelten


Als ich zum ersten Mal zeltete, da waren Zelte noch aus Baumwolle, waren furchtbar teuer und ebenso schlecht. Wenn es regnete wurden man nass und wenn es stürmte dann kippte das Zelt meistens um und nachts hatten wir Angst. Es eignete sich jedoch vorzüglich, darin verborgen vor den Augen der Erwachsenen, zu rauchen. Bis wir schließlich erwischt wurde. Der eine bekam den Arsch voll, der Andere Kerker und Stubenarrest bis theoretisch heute zu und ich nur ordentlich Schimpfe. Später dann, die Zelte waren immer noch mangelbehaftet, die Luftmatratzen und die Gaskocher sowieso, wurde alles in den VW Käfer geladen und nach Holland zur See gefahren. Am liebsten dort hin, wo man schon mal war, weil da kannte man sich aus. War alles immer noch doof, aber es fehlte am Geld und so zogen wir Sommer für Sommer mit viel zu viel Gepäck und ohne echten Plan los. 30 Jahre ist das jetzt her, und Zelten war keine Option - echt nicht!


Nun ja - auch heute wird das Geld wieder knapper. Für eine taugliche Unterkunft muss man als Alleinreisender nicht selten 80,00 und mehr Euro auf den Tisch legen (Schließlich wollen AirB&B, booking.com und andere Aasgeier auch leben). Und ich bin nun mal liebend gerne unterwegs. Was gibt es da für Alternativen? Auf meiner gerade vergangenen Skandinavien Reise (Bericht folgt) hatte ich Inspiration satt. Die Menschen Reisen, einfach aber gut und mit unserem Wohnmobil empfand ich mich oftmals schon als oversized. Wenigstens noch einmal versuchen könnte ich das mit dem Zelten. Auch wenn ich nur zwei Mal damit losziehen würde, dann wäre der Anschaffungspreis wieder drin.


Unglaublich, was man da heute schon für ganz ganz wenig Geld bekommt. Ein Zelt das nicht nur klein und leicht ist, sondern sich auch blitzschnell alleine aufbauen lässt, bei trockenem Wetter einen Blick auf den Sternenhimmel zulässt und bei Regen dicht hält. Eine ISOmatte die verdammt bequem ist, mein mehr als 10 Jahre alter Schlafsack ging noch und als Schmankerl ein aufblasbares Kopfkissen, das keine 100 g wiegt. Für nicht einmal 100,00 Euro startklar: Wahnsinn!
In der Kunst der Reduktion geübt, gab es jedoch jetzt neue Herausforderungen. Campingmaterial, Hund und der Rest auf dem Fahrrad, das ist eine harte Nummer. Auch ohne irrendetwas mitzunehmen kamen da schon 15 Kilo zusammen. Dem schönen Wetter sei Dank wurd es dann aber auch kaum noch mehr.


Verbranntes Land allüberall. Der Megasommer hat vom Rasen nicht viel übrig gelassen und auch die Bäume sehen nicht mehr ganz gut aus. Damit der Hund dem allgemeinen Elend nicht folgen würde, wurde sie an der Elbe erst einmal zwangsgetunkt (Wasser ist nicht so ihr Element). Das Ziel war ein kleiner Campingplatz in der Ostheide, der mir schon bei der Internetsuche aufgefallen und dann auch noch von Bekannten empfohlen wurde. Bis dahin jedoch britzelte die Sonne gnadenlos und mein Cocpitthermometer zeigte ab und an über 40° C an. Normalerweise rechne ich mit 2l Wasser auf 100 km, heute lag meine Verdunstung bei 4l auf 75 km und ich musste zwischendurch in einem Supermarkt auftanken. Alles in Allem, war die Anreise also recht beschwerlich. Eingeschmiert mit Sonnenschutzfaktor 50+ (ich hasse das Gefühl auf der Haut) wähnte ich mich sicher. Soweit stimmte das auch, nur dort wo ich Kleidung trug und kein SF 50+ hin gekommen war hatte ich am Abend einen fetten Sonnenbrand. 


Ankunft im Paradies. Der Campingplatz übertraf meine Erwartungen um Längen. Ruhig gelegen und trotzdem mitten im Dorf, sehr sauber, kleiner Laden, kleines vegetarisches Café, alles freundlich, alles nett - erst mal Kuchen und dann gemütlich bei einem weiteren Kaffee auf Frauchen warten, die hatte spontan angekündigt mit ihrer roten Vespa hinterher zu kommen. Also noch einen Kaffee und dann Zelt aufbauen. 



Lotte lieb es. Ganz entgegen ihrer Art wird sie gar ungehalten, wenn das Zelt aus der Verpackung genommen wird und lange bevor es richtig aufgebaut ist, sitzt sie schon drin. Das es dann in einem 1-Personen Zelt mit zwei Personen und Hund recht eng zugeht stört sie überhaupt nicht. Ich fand jedoch, ein Bad sei in absehbarer Zeit von Nöten, das Tier stank. 


Abendessen im Café, Gebackener Schafskäse an Gemüse, dazu selbst gebackenes frisches Brot. Auf welchem Campingplatz bekommt man den so etwas? Noch einen Spaziergang durchs Dorf, einen Blick über den Teich und dann in den Schlafsack - oder besser daran, es war einfach viel zu warm. Das Überzelt nur halb geschlossen ließ einen ungetrübten Blick auf den Sternenhimmel und die Milchstraße frei. Wie herrlich ruhig es doch hier war. Am Morgen mussten wir jedoch feststellen, dass der Schlaf nicht gar so erholsam war und man sich wohl noch daran gewöhnen muss. Außerdem wäre ein zweites Zelt sicher nicht verkehrt gewesen. Im Lädchen gab es schon Kaffee und nach einer ausgedehnten morgentlichen Gedenkminute war das Zelt schnell abgebaut.


Vegetarisches Frühstück - so gut, ich habe nicht einmal meine geliebte Morgensalami vermisst. Da kam dann glich auch die Idee auf, sich an diesem Plätzchen längerfristig niederzulassen. Ich suche ja schon seit längerem ein Refugium außerhalb der Stadt und dies hier schien mir, nach gründlichen Abwägungen, sehr geeignet. Ein Gespräch mit der Besitzerin war durchaus hoffnungsvoll und nun schaue ich mal, wie sich die Dinge entwickeln. 


Trotz wolkigem Himmel und deutlich gefallenen Temperaturen gestaltete sich die Rückfahrt nicht weniger anstrengend. Der Wind blies permanent kräftig von vorne und das Gepäck war nicht leichter geworden. Lotte hatte es gut, sie musste das nur aussitzen in ihrem Körbchen. 
Und nächstes Wochenende? Zelten!

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