Freitag, 24. März 2017

Wenn bei Capri die rote Sonne...



Ich war noch niemals in Italien, zwar schon auf der anderen Seite, aber noch niemals in Italien. Möglicherweise erschien es mir bisher etwas langweilig nach Italien zu fahren, man kann ja in die Pizzeria oder zum Eismann gehen, aber schon nach wenigen Stunden kann ich guten Gewissens sagen: Diese lang gehegte Einstellung war falsch.


Vier Uhr fufzisch klingelte der Wecker. Unchristlich - ich ließ mich nach langer Zeit einmal wieder dazu verleiten die Snooze Funktion zu betätigen. Nutzt ja nix, raus muss man irgendwann trotzdem und eigentlich war ich ja auch gespannt, schließlich war Procida, die keine Insel im Golf von Neapel ein Geburtstagsweihnachtsschatzigeschenk. S-Bahn zu Helmut Schmidt, Flieger zu Konrad Adenauer, Kaffeepause. In den Alpen liegt Schnee, in den Abrutzen auch, linker Hand ziehen die Doppelspitzen des Vesuv vorbei, der Flieger setzt sanft auf und es ist Frühling. 21° sind eine Steigerung von 18° in 7 Stunden, ich bin begeistert, der Pinscher auch. 


Erst mal Hupen (möglicherweise aus purer Lebensfreude) und dann fröhlich drauf los fahren (eine Hand breit Platz ist immer) - der Verkehr in Neapel lässt meine Atem stocken. So etwas habe ich noch nie gesehen, selbst in Albanien fährt man im Vergleich gesittet. Die achtspurige Straße ist dicht, Carabinieri, Transparente, Großdemonstration. Die mitfahrenden Italiener verlassen fluchtartig den Bus, wir bleiben. Wer aussteigt verliert, wo sollten wir auch hin mit unseren Rollkoffern? 10 Min später war der Spuk vorbei und der Busfahrer schaukelte uns ungefähr dort hin, wo wir theoretisch hin wollten. Die Fähre bot nur Innenplätze mit Videoberieselung und Schulklassengekreische, wie schade, bei strahlendem Sonnenschein hätten wir uns das anders vorgestellt. 


Procida, endlich Procida. Jetzt nur mal eben mit dem Rollkoffer übern Berg. Unsere Hütte liegt jenseits im Fischerhafen. Die Gassen sind eng. Autos fahren grundsetztlich mit eingeklappten oder abgefahrenen Rückspiegeln - die Normalstellung würde die Begegnung mit einem Fußgänger nicht zulassen. Grobes Pflaster, am Ende nur noch Treppen. Der kleine Fischerhafen ist auf Rädern nicht erreichbar, nur wasserseitig per Boot oder über verwinkelte Treppen. So hatte ich mir das vorgestellt. 


Unser Appartement, in einem rosafarbenen Haus über dem Kai (man könnte von unserem Balkon aus angeln) erwies sich schnell als gänzlich wohnuntauglich. Alles was ein Appartement zum Wohlfühlen haben sollte fehlte eigentlich - bis auf diesen genialen sonnigen Balkon mit dem herrlichen Blick auf alles was hier unten interessant ist. Eigentlich müsste man diesen Balkon überhaupt nicht verlassen und könnte nach einer Woche trotzdem von einem Erlebnisurlaub sprechen. 


Noch schnell was essen und dann endegelände. Der Tag hatte es in sich. Die Nacht begann mit rumpelnden Schiffsdiseln und ging dann zu kreischenden Möwen über. All das störte nur am Rande, genau wie fehlende Decken und zu kleine Kissen, nach mehr als 20 Stunden und 2000 km nimmt man es wie es kommt. 


Am Morgen beehrte ich die Bäckerin. Mir fiel sogleich eine große Zahl elektrinfizierter Klappräder mit, den hiesigen Verhältnissen angemessenen, Monsterreifen auf. Der Entschluss, in den nächstenTagen solch wundervolle Verkehrsmittel auszuleihen stand schnell fest. Frühstück auf Balkonien - eine Wucht! Danach Siesta, zwischendurch Kaffee, der Trend geht zur Zweitsiesta. Viel mehr war heute nicht zu reißen. Dem Pinscher war es genehm, er scheint verwirrt und ist unruhig. Möglicherweise ist er ja doch zu alt und zu krank für solch anstrengende Reisen?t


Das bei Capri die rote Sonne im Meer versinke ist jedoch, so habe ich heute Abend ermittelt, eine Erfindung der deutschen Schlagerindustrie und hat nichts mit den Begebenheiten vor Ort zu tun. Es wundert mich indes nicht weiter. Versucht doch einfach mal zu singen: " Wenn bei Ischia die rote Sonne im Meer versinkt, ziehn die Fischer mit ihren Booten....." na? merkt ihr was? 




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