Montag, 12. September 2016

Wendland und Heide im September

Was der Sommer nicht vermochte, das schafft nun der September spielend. Temperaturen jenseits der 30° Marke, strahlender Sonnenschein, selbst laue Nächte bekommt er noch hin und das über einen schon nennenswerten Zeitraum. Mitnehmen! Sonne tanken für die langen norddeutschen Winter, sogar ein spontaner Tag Urlaub war noch drin. 




Der ADFC Hamburg bot im Rahmen seiner Metropolrunden eine schöne Tour von Büchen am Elbe-Lübeck-Kanal, hinab zur Elbe, Stromaufwärts bis Hitzacker, mit dem Endpunkt Dannenberg an. Warum die Tour nicht einfach um einen Tag verlängern? Am Hauptbahnhof versammelten sich am Sonntag Vormittag neun reiselustige Radfahrer. Bedenken, die Tour sei zu lang wurden zerstreut und mit gemeinschaftlicher Anstrengung wurden ausreichend Fahrkarten besorgt. Im Fahrstuhl und auf dem Bahnsteig ging es chaotisch zu, schließlich wollte alle an diesem Wochenende noch einmal Radfahren. 


Angekommen sind wir trotzdem , so wie man immer irgendwie ankommt. Deutlich spannender wurde es dann noch einmal später auf der viel zu engen Elbbrücke in Lauenburg. Wenn sich zwei große Gruppen Radfahrer dort begegnen, dann ist das ein lebensgefährliches Abenteuer. Wir überlebten auch das und konnten uns sodann entspannt vom Westwind abwechselnd auf und neben dem Elbdeich treiben lassen. Genuss pur, jede Pedalumdrehung ein Glücksmoment. Selbst dem Pinscher konnte man die Freude, die er beim virtuellen Zusammenhalten der rasenden Herde hatte, ansehen. 


Acht Stunden später, nach gut 80 gemeinsam geradelten Flusskilometern, leckerem Kaffee und Kuchen am Elbdeich und einer weiteren Fährüberfahrt in Hitzacker verabschiedeten wir die Reisegruppe am Bahnhof von Dannenberg. Nun waren wir nur noch zu dritt (mit Hund) und Abendessen stand auf dem Programm. Ein passendes Restaurant hatten wir schon im Internet ausgekundschaftet und Speis und Trank entsprachen tatsächlich unseren Vorstellungen. Schnell wurde es spät und die Dunkelheit erwischt einen Mitte September unverhofft, gerade wenn es noch so warm ist. So fand dann auch die Anfahrt zu unserem Nachtquartier, auf dem Ferienhof Meyer in Nieperfitz zum großen Teil im Dunkeln auf holprigen Waldwegen des Wendlandes statt. 


Egal, angekommen, unser kleines Appartement war nett und ebenerdig, so dass der Pinscher noch etwas über den Hof puscheln konnte. Tat er aber nicht, er war genau so müde wie wir. Nach einer Dusche, einem kühlen Getränk und einer Tüte Chips (ungarisch) war der Tag dann auch beendet. Meine Hängematte, die wie ein Bett aussah, war mittelgemütlich, aber ich war müde genug und auch der Pinscher schlief wie ein Stein. Frühstück war prächtig, von vielem etwas, jedenfalls von allem etwas dabei. Des Pinscheres wegen wurden wir des Frühstücksraumes verwiesen. Passte mir hervorragend, denn wir durften stattdessen in einem ruhigen Nebenraum frühstücken, gänzlich unbehelligt vom frühmorgendlichen Redeschwällen anderer Feriengäste. Ja - genau das war eigentlich mein Thema, wenn man seit zwei Jahren neben einer Großbaustelle wohnt (Ende offen), dann ist solch ein Wochenende im Wendland eine Labsal. 


Heiß war es, bergig, sandig, die Lüneburger Heide ist stellenweise schweres Terrain, zudem fühlte ich mich unpässlich, das Fahrrad erschien mir quälend langsam und der Pinscher wollte nichts, piepste aber ab und an, was mich glauben ließ, er wolle wohl was. Erst im Herzen der Heide, in Undeloh angekommen, ging es mir langsam besser. Ein Teehaus im Ortskern versprach feinste Schwarztees und beste Heidetorten. Es hielt sein Versprechen, der Ceylon Tee war gar ein Hochgenuss. Durchatmen, auf die Landkarte gucken, ab und an kommt hier ein Pferdekarre mit Rentnern vorbei. So alt will ich gar nicht werden, dass ich hier Urlaub machen möchte. Sodann kam mir der Gedanke aber absurd vor, schließlich saß ich ja hier. Ich wollte die Tour abkürzen, meine Begleitung noch bis nach Hause fahren. Die Heide hat schon fertig geblüht.  Buchholz? Wir trennten uns in Jesteburg. Harburg? Ach Mensch, dann gehen die 15 Kilometer auch noch. Welch ein Wetter, welch ein Wochenende!












Samstag, 3. September 2016

Schaalsee




Kamera vergessen! Kommt vor, macht aber nix, man hat ja sein Handy ständig dabei. Wieder zu Hause stellt man dann jedoch fest, das ist doch nicht das Gelbe vom Ei mit den Handyfotos. Zum Schaalsee sollte es heute gehen. Über dem tiefsten See Norddeutschlands lag Jahrzehnte lang die deutsch-deutsche Grenze. hervorragende Vorraussetzungen für eine intakte Natur. Seit einer ganzen Weile schon spielte ich mit dem Gedanken an diese Tour, wollte mir jedoch den entspannenden Effekt nicht von tausenden von NDP / AfD und anderen Unparteien aufgehangenen Wahlplakaten, anlässlich der anstehenden Landtagswahlen, nehmen lassen. Ob es hier wohl eine gut sortierte Antifa gibt? Von einigen Laternen grinst "Storch Heiner" in Vorfreude auf den Auszug der NPD aus dem Schweriner Landtag herab. "Sommerschlussverkauf - alles Braune muss raus" - wir wollen das Beste hoffen. 





In Bad Oldesloe sollte meine Tour starten. 28 Fahrräder am Hamburger Hauptbahnhof und eine gestresste Schaffnerin, doch man organisierte sich bestens und alle passten in die Regionalbahn. In Oldesloe regnete es vom blauen Himmel herab, das fühlt sich seltsam an, hört aber mit einer großen Sicherheit schnell wieder auf. Auf nach Osten, am Flughafen Lübeck Blankensee vorbei zur nördlichen Spitze des Ratzeburger Sees, Bei Utecht begegnet mir auf einem Feld eine Gruppe größerer Laufvögel - ungläubiges Kopfschütteln, auch ein paar Autofahrer halten an und beobachten das unwirkliche Schauspiel - hätte noch gefehlt, dass einer auf Merkel schimpft, wegen dieser Immigranten. 


In Kneese Dorf, dem Dorf mit dem schrecklichsten Kopfsteinpflaster auf der Hauptstraße, steuere ich zielstrebig den Forsthof an, ein wundervoll lebendiger Ort, an dem ich vor drei Jahren mit dem Pinscher zusammen, im Garten, bei leckerem Kaffee und Kuchen, eine nette Zeit verbracht hatte. Heute war da nur der Rauhaardackel des Hauses. Auf Nachfrage hieß es, der Kaffeebetrieb habe sich nicht gelohnt. Wie schade! Gut jedoch, wenn man noch weitere Zielpunkte auf der Liste hat. Zum Beispiel die Mosterei Kneese, die unser kleines Wohnprojekt in Hamburg schon seit geraumer Zeit mit  leckerem sortenreinem Apfelsaft aus dem Biosphärenreservat Schaalsee versorgt. Mein Geheimtipp: der Finkenwerder Herbstprinz - ein Apfelsaft wie ein Gedicht, es ist ohnehin unglaublich, wie unterschiedlich Apfelsaft schmecken kann. Die Saison 2016 hat gerade begonnen, die ersten Frühäpfel sind in der Presse und ich hatte Gelegenheit ein paar Sorten ganz frischen, noch nicht pasteurisierten, direkt aus dem Zapfhahn zu probieren.  Ich verabschiedete mich, das nächste Mal würden wir uns bei mir zu Hause sehen, mit dem Apfelsaftvorrat für den Winter. 


In Lassahn gab es endlich Kaffee und Kuchen, und das mit Aussicht auf den See. Der nächste Stopp war beim Fischer in Zarrentin. Frisch geräucherte Maräne aus den Tiefen des Sees passte gut verpackt als Mitbringsel in die Packtasche hinter dem Sitz. Und noch ein weiteres Mal hielt ich an, bei einem Bäcker, schon diesseits des Elbe-Lübeck-Kanals, wo es ein Stück Pflaumenkuchen im vorbeifahren durch die Schaufensterscheibe schaffe, mich anszulächeln. Da konnte ich nicht widerstehen. Geplantes Ziel meiner Schaalseerunde (schaal, wie steinig, ein slawisches Wort, wusste eine kluge Schautafel) sollte der U-Bahnhof Aumühle sein. Es rollte gerade gut, da kam es dann auf die letzten 25 km bis zu Hause auch nicht mehr an. Jeder Meter ist ein guter Meter, es gibt nichts gutes außer man tues und was Hänschen nicht lern......egal aus welchem Grund, ich bin dann doch lieber noch der untergehenden Sonne entgegen nach Hause geradelt.