Montag, 10. August 2015

Nach Mittelerde


Nun gut, ganz so weit, wie in den Geschichten der tolkinschen Romane ging es bei unserer Reise nicht hinunter, aber immerhin zum tiefsten Landpunkt Deutschlands. Die höchste Stelle der Republik, die Zugspitze, kennt wohl ein jeder, und mach einer ist wohl auch schon dort gewesen. Aber wo ist der Antipol? Wo ist es am tiefsten in Deutschland. Der Sache wollten wir einmal auf den Grund gehen. 





In Schleswig-Holstein, im Kreis Steinburg, im Amt Wilstermarsch, in der Gemeinde Neuendorf-Sachsenbande, an einem kleinen Parkplatz mit Dixi-Klo, links der Landstraße 135 wird man fündig. 3 Meter und 54 cm unter dem Meeresspiegel liegt dieser Ort, tief genug, um auch bei Ebbe noch auf den Zehenspitzen nach Luft japsen zu müssen, wenn da nicht die Deiche wären. 


Um es gleich zu sagen, der Tag war eigentlich fürn A....! Eine Äußerung die bei mir selten vor kommt, den allermeisten Tagen kann ich doch irgendwie am Ende noch etwas gutes abgewinne, bei diesem hier fällt es mir jedoch schwer. Rechtzeitig aufgestanden und trotzdem zu spät. Die Kaffeemilch sauer, das auf dem Weg gekaufte Franzbrötchen zu trocken. Müsliriegel vergessen was soll´s ich sitze in der Bahn. Der Typ mir gegenüber auch - wenn er nicht gerade nach vorne kippt und mir aufs Knie sabbert. Seine bessere Hälfte ist weniger durch den Wind und noch in der Lage, ihm in irgend einer osteuropäischen Sprache den Marsch zu blasen und gleichzeitig besorgt den Mund abzutupfen. Neun Menschen am Startpunkt in Wedel, kein bekanntes Gesicht. "Einkehren tun wir heute nicht" - so die Ansage - schade, das ich  nicht zum Frühstücken kam. Das diffus ungute Gefühl, das ich bei dieser Gruppe hatte bestätigte sich schnell. Einer pfiff Frauen am Wegesrand hinterher, ein anderer nervte durch das betätigen einer selbstgebastelten elektronischen Fahrradhupe, bei jeder Gelegenheit die sich dazu bot und auch gerne mal ohne jegliche erkennbare Gelegenheit. Die Dame im Feld meinte spitz, der Pinscher könne auch mal ein Tor aufhalten - lustige Idee, beim Liegerad muss man zu dieser akrobatischen Einlage komplett absteigen. 


Zur Erläuterung: Der weg führte über 50 Kilometer dem Elbdeich entlang und gefühlt gab es mindestens zwei Schafgatter mit selbstschließenden Tordurchläßen pro Deichkilometer. Neben diesen unbequemen Hindernissen erschwerte Schafscheiße in allen Aggregatzuständen das Vorankommen und natürlich die putzigen weißen Deichbewohner selbst auch. Die Dame verloren wir in Glückstadt - ich fand den Verlust erträglich. Der Schotterplatz bei Mittelerde war nach meinem empfinden etwas lieblos. Eine Hütte mit Gipfelbuch, wie schon erwähnt, ein Dixi-Klo, ein Artesicher Brunnen (kein Trinkwasser) und kein Müllbehälter. Wohin mit der Bananenschale, dem verrotzten Tempotuch. Man könne seinen Müll auch wieder mit nach Hause nehmen! Darüber kam es zum Streit mit einem Mitreisenden. Ich will allen Müll aber nicht immer und überall mit nach Hause nehmen und fand die Kommune drückt sich vor ihrer öffentlichen Aufgabe. Da krieg ich einen dicken Hals - genau wie diese Schilder "Radwegschäden!" die prophylaktisch aufgestellt werden, und dann dort stehen bis sie wegrosten...da könnte ich ja....HA! 


Durst und Hunger - die Gruppe entschloss sich zur Einkehr. Es gab nichts zum Einkehren. Der Zug in Itzehoe würde in 9 Minuten fahren. Schlange vor dem Fahrkartenautomaten zu wenig Zeit für alle, eine Karte zu ziehen. Ich tat kund, mir selbst eine zu besorgen, über meine Handy-APP. Der Zug wäre in 9 Minuten gefahren, wenn Oktober gewesen wäre. Der tatsächlich nächste Zug fuhr knapp eine Stunde später, er kam von Westerland aber im inneren herrschten indische Verhältnisse. Selbst der Pinscher war genervt. Verständlich, bei solch erotisch engen Platzverhältnissen benutzte ich ihn gerne einmal als "Eisbrecher". Altona - Endstation....eine Masse adäquat der Bewohnerschaft einer Kleinstadt verlässt den Zug. Ohne Eile fahren wir durch die Große Bergstraße, den Wohlers Park, zum Grünen Jäger, rüber zum Fernsehturm und am Tiergarten hinab zum Dammtor und dann an die Alster. Ein Hauch guter Laune ereilt mich. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen