Dienstag, 12. Mai 2015

...just a perfect day





"Sinalle!", "Hammernich!" und "Isgeschlossen!"  waren die Antworten auf die drei Fragen "Gibt es Franzbrötchen?", "Haben sie auch frische Milch?" und "Wir hätten gerne...." - letzter von einer Truppe Handwerker der gerade einem VW-Bus entsprungen war. Ich hatte also noch mal Glück gehabt. "Welch ein Stress!" stöhnte es hinter mir von der leicht korpulenten Bäckereifachverkäuferin mit der fleischfarbenen Hornbrille und dem auffallend dichten Damenbart, die gerade den Rauch einer Zigarette ausstieß. Ich sah mich um, konnte jedoch keinerlei Stressfaktoren im näheren Umkreis entdecken. 


Die Schaltung zickte schon eine ganze Weile rum, von den ehemals 27 Gängen waren mir bis zur Kaffeepause nur noch 9 geblieben. Etwas Hirnschmalz und zwei spitze Finger führten schließlich zur Lösung des Problems. Ich brachte die Zange zurück in die Werkstatt, schlürfte meine Kaffee aus, wünschte der Bäckersfrau noch einen stressfreien Tag und setzte die Reise fort. Kiel ist weit weg. Kiel war mir immer zu weit weg, um einfach mal so hin zu fahren, aber heute war der perfekte Tag. Kurze-Arme-kurze-Hose-Lichtschutzfaktor 50 Wetter, kräftiger Wind aus südlicher Richtung, besser geht einfach nicht. Wir waren lange nicht mehr alleine und auf eigene Faust unterwegs, der Pinscher und ich, heute war es mal wieder an der Zeit. 


Fast schnurgerade führte uns der Weg nach Norden Richtung Kiel. Vorbei an blühenden Rapsfeldern die rochen, als habe jemand ein frisches Honigglas aufgeschraubt, durch Eichenwälder, deren Größe ich für norddeutsche Verhältnisse erstaunlich fand, durch schmucke Dörfer und immerzu auf recht verkehrsarmer Wegstrecke. Als ich nach nicht einmal fünf Stunden am Kieler Hauptbahnhof stand, fand ich das phänomenal. So schnell war noch nie ein Pinscher von Hamburg nach Kiel geritten. - Andererseits, es war erst kurz nach vier, da kann man doch nicht schon nach Hause fahren? So entschlossen wir, die Tour noch bis Rendsburg zu erweitern. 



Der NOK, also der Nord-Ostsee-Kanal allein ist  schon eine Reise wert. Bei Landwehr setzten wir mit der Fähre auf die nördliche Seit über. Die Fahren an künstlichen Wasserstraßen sind in Deutschland stets kostenlos, also hat man alle paar Kilometer die Wahl, die Entscheidung zu revidieren. Von der Nordsee herüber begegneten uns Windjammer, die wie auf einer Perlenschnur aufgekettet Richtung Osten unterwegs waren. Ich denke, die waren am Wochenende beim Hamburger Hafengeburtstag und nun gemeinsam unterwegs Richtung Heimathäfen an der Ostsee. Ein Stück weiter schlossen wir dann gemütlich auf ein Kreuzfahrschiff auf und spielten die "Pinscher-La-Ola", das geht so: man fährt unauffällig von hinten heran, klingelt drei Mal, schmettert ein kräftiges "MoinMoin" gegen die Bordwand und lässt den Pinscher kurz bellen. In diesem Augenblick entsteht, wenn 300 Nasen aus den Kabine lugen (die haben ja sonst nichts zu tun an Bord), eine johlende La-Ola, die erst endet, wenn man den Dampfer überholt hat - großartig! 



Rendsburg erreichten wir bei Sonnenuntergang. Der Ticketautomat der Deutschen Bahn war widerpenstig und auch die Bahn-App auf dem Handy wollte das gewünschte Ticket einfach nicht ausspucken. Die Schaffnerin hatte ein Einsehen, auch damit, dass ich erst noch den Blick von der Hochbrücke über den Kanal genießen musste, bevor ich mich ihr zuwandte und dann erst das Wunschticket orderte. Welch ein Tag, was für ein großartiger Tag! 






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen