Freitag, 11. Dezember 2015

alleine



Der Pinscher hatte Fußweh, man konnte zwar nichts erkennen, aber offenbar hatte die scharfkantige Lava die kleinen Füßchen zerritzt. Nachts leckte er sich ständig und vermied zudem wenn möglich das Laufen. Frauchen wollte lesen und stricken, nur ich litt wie so oft an Bewegungdrang. 


Die Sonne schien, also startete ich allein. Gelernt hatten wir schon, man solle sich nicht zu viel vornehmen auf der steilsten Insel der Welt, also wollte ich ganz in der Nähe bleiben. Der Vulkan Teneguia war der letzte, der 1971 auf den Kanaren ausbrach und dabei unmengen flüssige Lava spie. Sein Krater war das Ziel - und das lag unten. Ich stieg über den Kamm des Sant Antonio und dann auf dessen Asche steil hinab ins Tal bis zu den Weinfeldern. Berge kleiner scharfer Lavasteinchen sammelten sich dabei in Schuhen und Socken, oftmals war es einfacher neben dem Weg her zu gehen. 


Am Fuß des Teneguia kam mit der Nikolaus entgegen -  zumindest sah er so aus. Zwei Stöcke, ein wehender schneeweißer Bart und eine rote Mütze. "It´s great, it´s real great. We were occupied by the russians, but now I can go everywhere...... this moutain is so great!" Er sei aus Litauen, aus Vilnius, und der Berg sei wirklich wirklich großartig, rief er noch im weggehen. Dies war dann auch der letzte Mensch dem ich in den nächsten zwei Stunden begegnen sollte.


Der Augstieg gestaltete sich ein wenig abenteuerlich. Mal gab es kletterpassagen, mal war der Grad schmal und es blies ein frischer Wind von der Seite. Der Blick auf die schwarzen Lavaströme ließ erahnen, welche Kräfte hier vor noch gar nicht so langer Zeit gewütet hatten. Es roch ein wenig nach Schwefel, aber recht bald stand ich auf dem Gipfel. Vor mir erkaltete Lava und der Riesige Ozean, hinter mir der deutlich höhere San Antonio -  kein Mensch, kein Tier, kein Geräuch außer dem sanft pfeigenden Wind. Ich ließ mich nieder, trank einen Schluck, kaute zwei Bananen und guckte aufs Meer, und guckte und guckte und guckte - nur ich alleine. Wie der Litauer schon sagte: So great!


Irgendwann nutzt alles nix - man muss zurück. Der Rückweg war beschwerlicher. Zwar hatte ich nicht wirklich Angst abzustürzen, aber es wäre sicherlich übel gewesen in der scharfkantigen Lava zu stürzen. Später führte der Weg über eine Wasserleitung und einem alten Lavafeld mit tiefen Spalten hinauf zu einem Fahrweg, der nahezu eben den San Antonio halb umrundete. Richtig anstrengend war dann noch einmal die Hauptstraße hinauf zu unserer Finka, hier ist die Straße so steil, dass man besser Stufen hinein gehauen hätte. Den Kameltreibergeruch wurde ich unter der Dusche problemlos wieder los. Lufttrocknen bei Sonnenuntergang auf der Veranda und dann Fisch! So great!



Dienstag, 8. Dezember 2015

Pinscher vom Lavagrill



Gleich nach dem Frühstück brachen wir auf, so gegen 13:00 Uhr. Fairerweise muss man sagen, dass wir herrlich in der Sonne saßen und den einen oder anderen weiteren Tee getrunken hatten. Auch wollten unsere beiden kanarischen Rieseneidechsen, die im Gemäuer hinter dem Haus leben versorgt sein, sie lieben Toastbrot und dann muss man eine Weile bewegungslos sitzen um die Tierchen nicht zu erschrecken.


Eine weite Anfahrt war also heute nicht mehr zu machen. Der Beschluss: einmal um den Krater des San Antonio, auf der Ostseite hinab bis zu den Salinas de Fuencaliente und am Krater des Teneguia vorbei wieder hinauf auf den San Antonio Vulkan. Ambitionierte 13,2 km - zu ambitioniert, wie wir schon nach wenigen hundert Metern merkten. Durch die Lockeren Lava- und Aschefelder ging es sich furchtbar schlecht und der arme Pinscher hatte seine liebe Mühe. Noch schlimmer war jedoch die Hitze der schwarzen Lava, die dem kleinen Tierchen mit seine kurzen Beinen zu schaffen machten. Knapp über dem Geröll mag es wohl an die 50° C gewesen sein. 


Auch Schatten gab es nicht und so beschlossen wir recht bald, die Rückreise mit dem Linienbus anzutreten. Schön war es natürlich trotzdem. Permanenter Blick auf den Ozean, in der Ferne die Vulkane auf El Hierro und La Gomera, im Osten der Lavastrom aus dem Teneguia, der, obwohl zuletzt 1971 ausgebrochen, so aussieht, als sei er gerade erst erkaltet und nur sehr zögerlich von quitschgrünen Pflanzen erobert wird. Weiter unten im Tal wurde schon Wein angebaut. Aufgrund der starken Winde wächst der Wein an der Südspitze La Palmas flach auf dem Boden und nicht an Reben und muss zusätzlich durch flache Mauern aus Lavastein geschützt werden.



Nach gut dreieinhalb Stunden und mehrfachem Befreien der Füße von Lava, die sich in den Wanderschuhen und Socken ständig sammelte waren die beiden Leuchttürme und die Saline in Faro de Fuencaliente in Sicht. Die Salinen sind die letzten, die auf den Kanaren noch in Betrieb sind. Das Salz ist rosa und schmeckt - salzig. Da wir noch eine gute Stunde Zeit hatte bot sich das Café bei den Salzbauern zum verweilen an.


Der Hund sei auf dem Arm zu halten, während der gesamten Fahrt -  oder ähnliches, knurrte der Busfahrer beim Einsteigen. Dem Pinscher gefiel diese Anordnung außerordentlich. Nach einer halben Stunde kurvenreicher Fahrt spie das Fahrzeug uns, zu unserer Freude fast vor der Haustür aus. Unsere neugierigen Nachbarn aus der Dromedarherde standen neugierig am Zaun und ließen sich gerne mit etwas saftigem Grün verwöhnen.


Hatte er nicht schon genug gelitten heute, der Pinscher? Zu Hause brach die Hölle los. Vom Lavagrill gleich unter die Dusche, den feinen Staub aus dem Fell spülen. Wer den Pinscher kennt, der weiß es gibt nichts furchtbareres als Wasser, aber in dem Fall konnten wir nicht davon absehen. Von Frauchen sorgsam trocken gerubbelt und in sein Handtuch gepackt gab es dann zur Belohnung einen grandiosen Sonnenuntergang Richtung Amerika, aber der Pinscher war schon eingeschlafen. 










Samstag, 5. Dezember 2015

Jesus erwartet Sie



Nein, der Satz stammt nicht aus einem Hochglanzprospekt der Zeugen Jehovas, sonder aus der Mail, die wir vom Vermietungbüro für palmerische Finkas erhielten. 


Furios hatte sich unser Haus am Meer von uns verabschiedet. Nach einem heißen, selbst die Palmerer sagen, es sei für die Jahreszeit viel zu warm, Dezembertag, den wir faul in der Sonne liegend, lesend, auf unserem Dach verbrachten, folgte ein herrlicher Sonnenuntergang mit von Saharasand gefärbter Luft und eine letzte tosende Nacht, in der die Brandung, die gegen den Felsen unter unserm Haus schlug, dieses regelmäßig zu erzittern vermochte. Vorbei - aber nicht so schnell vergessen. 


Heute wartete, wie bereits gesagt Jesus auf uns, der Vermieter dieses wundervollen alten, aber feinstens restaurierten und ausgestatteten kleinen Landhauses in den Weinbergen bei Los Canarios, am Fuß des San Antonio Vulkans, in Rufweite zum Kraterrand. Beruhigend erscheint, dass der Heilige Anton zuletzt 1677 Lava spuckte. Möglicherweise ist es ihm ja genehm, auch mit seinem nächsten Ausbruch noch eine weitere Woche zu warten. 


Die Finka indes ist ein Juwel. Der Pinscher enterte zielstrebig als erster den Wohnraum. Jesus hatte eine Schale frisches Obst bereit gestellt, für eine Flasche Weißwein aus seinem Hang gesorgt und das Innenleben der Behausung ordentlich weihnachtlich dekoriert. Neben Kerzen, Sternen, Muscheln und roten Tischläufern gefällt uns am besten das lebensgroße 3D Bild eines Engels am Schlafzimmerschrank, der einem ständig neugierig hinterher schaut. Häärrlich!





Mittwoch, 2. Dezember 2015

Vulkanien


La Palma ist ein Pulverfass. Betrachtet man ein Satellitenbild so fällt zunächst der Riesige Krater in der Mitte der Insel auf und bei genauerem Hinsehen die vielen "kleinen", also nur wenige hundert Meter hohen Krater. Einen solchen, einen recht neuen, aus dem vergangenen Jahrhundert, wollten wir heute besteigen.


26 Grad, windstill, sonnig, beste Voraussetzungen für den Aufstieg. Flachlandstelzen - gar nicht gut. Aus diesem Grund, und weil eingemauerte Bananenplantagen wenig erbauend sind, nahmen wir erst einmal das Auto. Genügend Höhenmeter um semtliche Anhöhen der nordeutschen Tiefebene in Folge zu erklimmen, würden dennoch heute übrig bleiben. Vorbei an Pferdekoppeln, Bernhardiener rechts, Dogge und Terrier links, Weinfelder (der liegt hier standartmäßig flach auf dem Boden) kämften wir uns hinauf bis zu Waldrand.


Dort fing die eigentliche Qual erst an. Fast drei Stunden schoben wir uns über einen in das Lavageröll geräumten Weg durch Kiefernwald in die Höhe. Der Pinscher, mit seinen kurzen Beinchen leistete meisterliches aber pro 100 Höhnenmeter mussten wir dennoch eine längere Pause einlegen. 


Belohnt wurden wir am Ende mit einer bizarren Landschaft aus Asche und Lava. Man konnte den Vulkan fast noch riechen. Als wir uns zu einer längeren Pause nieder ließen wärmte der schwarze Untergrund vorzüglich, was nicht nur dem Pinscher gefiel. 



Fast ein bisschen zu lange hatten wir den herrlichen Platz genossen, gepicknickt und in die Stille gelaucht. Hier oben gab es nichts, was hätte lärm machen können, nicht einmal Vögel oder Insekten hielten sich in der unwirklichen Umgebung auf. Beim Abstieg mussten wir uns sputen. Einmal mehr schneller als erwartet verschwand die Sonne hinter dem Horizont und es war schon Dunkel als wir das Auto erreichten.


Den tapferen Pinscher, der auf dem Abstieg ab und an bedenklich schwächelte, erwartete eine Riesenportion feinstes Rindfleisch. Nun liegt er auf dem Sofa neben mir und verdaut gemütlich schnarchend.








Sonntag, 29. November 2015

Oberpinscherhausen


El Remo liegt im sonnigen Südwesten von La Palma und El Remo gibt es eigentlich gar nicht. Am Fuß eines von Lavaströmen durchflossenen Hanges liegen Fischerhütten, Fischerhäusschen, Fischerhäuser, Datschas, Fehrienhäuschen, Ferienhäuser, Kioske, Fischbuden, Fischrestaurants..... wie das halt immer so geht. Eigentlich dürfte hier gar nichts sein, denn hier ist ein Naturschutzgebiet. 


Entstanden in den letzten Jahrzehnten, ohne irgend eine behördliche Genehmigung, ist hier ein Wildwuchs von der bunten Hütte bis zur kleinen Villa mit Pool. Keine Straßenbeleuchtung, meist nicht einmal eine befestigte Straße. Der Reiz liegt in der direkten Nähe zum Meer und in der absoluten Abgeschiedenheit hinter den Mauern einer gigantischen Monokultur aus Bananenplantagen, die in ihrer Häßlichkeit kaum zu toppen sind.



Uns schwappt das Meer fast ins Häusche. Bestens Ausgestattet, mit geschützter Frühstücksterasse und sonnigem Dachgarten genießen wir den Tag. Eine Badestelle gibt es auch. Das beste jedoch zum Schluss: El Remo ist ein Pinscherdorft. Jeder zweite Einwohner ist ein Zwergpinscher. So etwas hat der Pinscher noch nie erlebt.



Freitag, 27. November 2015

Der Hügel gegenüber



Aus unserer keinen Schwalbennestwohnung am Hang über La Palma schauen wir auf einen den Berg gegenüber. Relativ betrachtet eigentlich nur ein Hügel, tatsächlich Rand des Vulkankraters in dem La Palma gebaut wurde.


Kleiner Perspektivwechsel, dachten wir, gehen wir doch mal rüber und schauen wir uns das von der anderen Seite an, dachten wir weiter. Der Pinscher stand schon erwartungsvoll am Treppenabsatz. In der alten Markthalle gab es noch frisch gepressten Zuckerrohrsaft auf Eis zur Stärkung. Durch eine Schlucht von Neubauten ging es hinauf zu einer langen steilen Treppe, die, so gefühlt die halbe Miete war. Nach einer weiteren Stunde schweißtreibendem Aufstieg zwischen einer geschlossenen Bebauung bunt getünchter Häuser und mit kleinen blühenden Gärten schweifte der Blick Richtung Norden und konnte das über dem Atlantik herannahende Wetter nicht ignorieren. Dem nahen Bushäuschen fehlten neben der Rückwand auch das Dach. So suchten wir mehr oder weniger erfolgreisch Schutz zwischen einem mächtigen Eukalyptusbaum und einer Müllkontainer.


Schön, nun war es nicht mehr so heiß und nach weiteren 90 Minuten Aufstieg erreichten wir den eigenlich in Rufweite empfundenen Aussichtspunkt, gut versteckt hinter Heiligenbildern, Gekreuzigten und ein paar verwaschenen Schilder, die, so man sie noch lesen hätte können, sicherlich darauf hingewiesen hätte, was zu sehe sei. Der erste Wein der Insel wurde dereinst hier oben angebaut. Heute nicht mehr. Kein Wunder, das Zeug muss unbezahlbar gewesen sein, bei diesem Anstieg. Egal auch, füür den Ausblick über Stadt und Hafen hatte es sich allemal gelohnt und es gab Kaffee, gleich um die Ecke. 



Gleich hinter dem höchsten Punkt unseres kleinen Stadtrundganges, der Höhenmesser zeigte 515 m, führte der Weg über einen Wasserkanal, Levada wie man das auf Madeira nannte, eben am Hang entlang, was für gestresste Lungen und Beine ganz erholsam war. Auch gab der Weg immer wieder schöne Blicke in das Tal frei. Leider war uns die Zeit davon gelaufen. In Äquatornähe ist die Dämmerung kurz und die Nacht schwarz. So hasteten wir nur noch an den drei Wassermühlen oberhalb der Stadt vorbei, ohne noch einen genaueren Blick auf die imposanten Bebäude werfen zu können und erreichten gerade noch den westlichen Stadtrand mit dem letzen Tageslicht. Der Wassermüller hingegen schien zum Feierabend deutlich mehr Muße zu haben als wir, jedenfalls wenn man den kräftigen schweren Kanabisduft, der auf dem Weg lag so deutete.









Mittwoch, 25. November 2015

Bergpinscher


....war die kurze Antwort auf eine genau so wenig ernst gemeinte Frage in sauberem Schwiitzerdütsch, vorgetragen auf dem 2.426 m hohen Roque de los Muchachos. Womit wir den Mund deutlich zu voll genommen hatten, aber erst mal die Geschichte von vorne. 

Seit drei Tagen weilt der Pinscher auf La Palma und residiert in der Inselhauptstadt Stanta Cruz. Nach einer holprigen Ankunft hätte das heute ein richtig guter Tag3 werden können. - Hätte, aber schon am Morgen gab es Ärger. Eigentlich wollten wir nur Brötchen holen, aber dann dachte ich, es sei eine gute Idee, wie gestern Abend die Hafenmole längs zu laufen und noch einen Blick aufs Meer zu werfen. Pustekuchen - das sah dort heute Morgen ganz anders aus als gestern, überall Absperrungen. Naja - Absperrungen, der Pinscher drunter, ich drüber und weiter.... bis zu dem markanten Pfiff von hinten. Ein kleiner Spanier mit beeindruckender Uniform und bemerkenswerter Waffensammlung eilte uns nach. Auf englisch erklärte er dort ginge es nicht weiter. Auf englisch erklärte ich, doch, da sei ich ja gestern Abend schon gewesen und dort gehe es sehr wohl weiter. Danach verließ ihn sein Englisch, aber ein Kollege kam ihm zur Hilfte und drohte handgreiflich zu werden. Naja, muss ja nicht, war ja auch nur so eine Idee..... Schuld war wohl, wie mir ein netter älterer englicher Gentleman beim "abführen" erklärte, die AIDA-Kreuzfahrdose, die seit der Nacht im Hafen ankert, und das sei überall in Europa so und das sei seit 2001 so.....und so. Wärend wir also3 so zum Bäcker zurück trotteten, beobachteten wir die AIDAisten, wie sie in albernen bunten Touristeneisenbähnchen zu den Melkstellen gefahren wurden - selber schuld.


Das Frühstück war gut, es gab Leberwurstbrot für den Pinscher. Am Berg braute sich Unheil zusammen, darum beschlossen wir einfach über das Unheil hinaus zu fahren. Von 0 auf Zweieinhalbtausend Meter in etwas mehr als einer Stunde war ein gewaltiger Ritt und das Unheil war tatsächlich tief unten. Wir hatten uns ganz hinauf, vorbei an den Sternwarten, von der man in den klarsten und schwärzesten Nachthimmel der nordlichen Erdhalbkugel schauen auf den Rand des Vulkankraters gekämpft. Die wenigen Meter vom Parkplatz bis zur Bergspitze sollten bei strahlendem Sonnenschein ein Genuss sein, offenbarten jedoch das unerwartete 3Dilemma des Pinschers: Atemnot, Herzrasen, Schwäche. Wir merkten die dünne Luft wohl auch, doch das kleine Kerlchen kam schon nach ein paar Metern nicht mehr hinterher und musste getragen werden. Zu allem Überfluss kam bei der Abfahrt auch noch ein Großteil der Frühstücksleberwurst retour und ein Abschließender Besuch am tosenden Atlantik war für den grundsätzlich wasserscheuen Hund ebenfalls ein Minderhighlight.


Erst das nach dem Abendessen gereichte zarte, in Knoblauch eingelegte Schweinefilet brachte eine gewisse Entspannung der Situation. So herrlich der Ausflug auf den Vulkan auch war, nun ist guter Rat teuer. Auf weitere Bergtouren verzichten oder vielleicht eine Tragevorrichtung für das Tier basteln und ihn durch den Krater schleppen? Wir werden mal in uns gehen.




Montag, 26. Oktober 2015

Oktober


Nachdem der Pinscher sich bei unserem Wendlandausflug Behandlungbedürftig erkältet hatte, dann eine Flohepidemie mehrfach über (und auch unter) ihn hinweg gezogen war, die ich derart großzügig behandelt hatte, dass es ihm auf das Gedärm schlug, hatte ich ihn seit drei Tagen nun wieder als genesen erklärt und das nicht sonderlich geliebte Alete Biorindreismöhrchen abgesetzt. 


Auch wenn die Sonne Ende Oktober noch herrlich scheint, es ist kühl und der Fahrtwind tut sein Übriges. Schonen war angesagt, zumal der Jahresurlaub vor der Tür steht und wir für die Reise fit sein wollen. Einen kurzen Ausflug auf die Elbinsel haben wir uns dann heute doch noch gegönnt. Kirchdorf, Wilhelmsburg, einen kleinen Abstecher ins Neuland, hinaus auf die Bunthäuser Spitze, Moorwerder, auf die Peute und nach einer kleinen Runde durch den Entenwerder Park schnell wieder nach Hause zurück, bevor die Sonne unter geht.



Der kleine Leuchtturm am südöstlichsten Punkt der Elbinsel ist eine Oase der Ruhe, sofern man dort ausnahmsweise mal alleine ist. Wir haben es genossen. Zwei Kormorane jagten nach Beute, eine Etage höher zog ein Schwarm Kraniche gen Süden und wir saßen vor dem grün getünchten Leuchtturm und schauten zu - bis sich ein Rentnerpaar dazu gesellte. "Ach ist der süß und wie heißt er denn...sitzt er immer dort hinten drin ....dann hat er es aber gut....ach gottschen". Auch wenn es lieb gemeint ist, manchmal hat man ja gerne gar nichts und ohne was fehlt einem überhaupt nichts, also verabschiedeten wir uns freundlich. 







Montag, 28. September 2015

Der frühe Vogel




....bekommt erst einmal kalte Hände Ende September, denn selbst bei strahlendem Sonntagsmorgensonnenschein ist es zu dieser Jahreszeit schon empfindlich kühl. Der Wecker klingelte um sechs, es war noch stockdunkel. Ein erster Kaffee, ein zweiter Kaffee, den kranken Pinscher kraulen und in der digitalen Tageszeitung blätternd langsam wach werden. Warum um alles in der Welt? - Ganz einfach: die Wettervorhersage riet dazu und eine andere Perspektive tut immer gut. Sieben Uhr gassi gehen, Hustensaft und Antibiotikum verabreichen und das Tier nahe der Heizung abliegen lassen. Sechs Grad auf dem Thermometer das sprach für Handschuhen und Steppjacke. 




Frühstück unterwegs, einfach los fahren, die Elbe hoch und dann mal sehen. Das mittlerweile verhasste Partyvolk, das unseren Stadtteil an Wochenenden derweil regelmäßig überflutet schmort jetzt im eigenen Saft, nur harmlose Jogger, an der Elbe Angler und Gassigeher unterwegs. Auch die ersten Renradfahrer sausen umher. Sie grüßen nie, man grüßt nur seine eigene Peergroup. Manchmal grüße ich trotzdem, das verunsicher merklich.



Die Elbfähre beim Zollenspieker hatte den Betrieb noch nicht aufgenommen, die Fischbude war noch geschlossen - kein Frühstück. Ich beschloss weiter bis zum Kreisverkehr in Borghorst zu fahren, dem westlichsten Punkt der Stadt. Genau 40 Kilometer sind es von hier aus bis ins heimatliche St. Georg, Hamburg hat eine beachtliche Größe. Dort angekommen entschied ich mich, dem schönen Wetter geschuldet, noch ein paar Kilometer weiter flussaufwärts zu strampeln, an der Schleuse in Geesthacht die Elbe auf der Brücke zu überqueren und auf der anderen Flussseite zurück zu fahren. 


Ebenfalls vom schönen Herbstwetter gelockt, pesten auf der linken Elbseite die ersten Motoradfahrer vorbei. Unglaublich wie sehr doch ein einziger Motor die klare Morgenluft verderben kann, den Lärm möchte ich jetzt mal ausklammer, das ist ein Thema für sich. Gleiche Fähre, anderes Seite, andere Fischbude - die hübsche russische Verkäuferin, die das "r" immer so schön rollt, machte mir einen Kaffee und verkaufte mir ein Mandelhörnchen und eine Apfeltasche, die sich als Kirschtasche entpuppte dazu. Ich nahm die übernächste Fähre. Im nächsten Jahr würde ich mir eine Zehnerkarte kaufen, dieses Jahr lohnt es wohl nicht mehr. 


Schafe, ich liebe es den Deichschafen zuzusehen. Es ist so herlich unaufregen was sie machen, Fressen, stehen, liegen, kauen, Deich garnieren. Es entspannt einfach und sogar den Geruch mag ich. Kurz nach Mittag zog sich der Himmel zu, aber da war ich schon wieder zu Hause. 






Montag, 21. September 2015

Wendland


Nun wird es langsam Herbst. Die Rastlosen packt das kalte und dunkle Grauen, Monate lang tatenlos in der beheizten Wohnung sitzen und nach Besserung sehnen ist eine üble Angelegenheit, drum muss man noch Mitnehmen was eben geht. Das Wendland zum Beispiel, ich war noch nie im Wendland, ein unverzeihlicher Fehler wie ich eingestehen muss - diese Land ist überaus liebenswürdig, doch mehr dazu später. 



Erträgliche Temperaturen waren angekündigt, bis zu 8 Stunden Sonnenschein dazu. Eigentlich hätten wir zu vielen fahren mögen, am Ende blieb ein Freund und der Pinscher übrig. Treffpunkt Hauptbahnhof, der Metronom nach Lüneburg würde gegen halb zehn abfahren. Nach einem gemeinsamen Frühstück sollte dann die Tour einmal quer durchs Wendland bis nach Hitzacker gehen, nach dem Überqueren der Elbe zu unserem Nachtquartier in Dömitz und am nächsten Tag dann weiter nach Uelzen. Sollte - wie so oft kam alles anders. Schon die Gassirunde mit dem Pinscher endete nass. Am Bahnhof tropfte alles. Die Anzahl der Sonnenstunden im Wetterbericht war über Nacht auf 0 Stunden zusammengeschrumpft, lediglich Richtung Elbe sollte es besser sein. So stiegen wir in Lüneburg dann auch kurz entschlossen in die Wendlandbahn, um, so hofften wir, in Dannenberg auf besseres Wetter zu stoßen. Das Bistro am Bahnhof bot zu dieser vorgerückten Stunde nur noch frischen Kaffee, essbares war aus. Bei einem ToGo Becher machte der Hund eine Runde selfgassi während wir Regenzeug überzogen. Zielaktualisierung: Wittenberge an der Elbe und dann am Strom zurück nach Dömitz. 


Meine Stimmung war gut, trotz ergiebigem Regen, mäßigem Wind, Sandpiste und ungeplanten Bergen. Das Wendland verzaubert. Ausgedehnte Wälder, weite Felder, schöne Orte und ganz viel Nichts. Verlassene Häuser am Straßenrand, vollmöbliert, Tassen noch alle im Schrank - Gorleben, Republik freies Wendland, Widerstand. War das wirklich nötig mit der Atomkraft? Nun haben wir den Salat und die Kastoren dort drüben auf dem Acker. Müsliriegel gegen den schon nicht mehr kleinen Hunger. Beim Anblick der reichlich vorhandenen Pilze am Straßenrad frotzeln wir etwas herum. Ein einziger würde locker eine Bratpfanne füllen. Ob die nachts wohl leuchten?


Ein Gasthof lockte. Sonnen, oder heute eher Regenschirme draußen - der Reiseradler liebt es, erspart das doch die Sicherung von Rad und Reisegepäck. Kaffee gab´s und Apfelstrudel mit Eis, kein anderer Kuchen, ohne Eis kost das Selbe - nun denn, der Hunger war schlimmer als die Kälte. Plankorrektur: Da es immer noch regnete, Elbquerung in Schnakenburg statt in Wittenberge, das würde 40 Kilometer sparen und den restlichen Tagesverlauf entspannen. 


So machten wir es, und es war gut so. Elbe abwärts blies uns ein kräftiger Wind ins Gesicht und machte das Radeln mühsam. Die Belohnung bestand aus einem meist freien Blick vom Deich auf den Strom. Niedrigwasser, die Tonnen lagen auf Grund und den ganzen Tag begegnete uns kein Schiff. Offenwar war die Schifffahrt auf der Elbe derzeit eingestellt. 


Ohne Einweisung findet der Pinscher meist den ihm gebührenden Platz, und das in jeder Unterkunft. In Dömitz war das nicht anders. Unsere Herberge war hübsch, gepflegt, es gab einen sicheren Abbstellplätze für die Fahrräder und ordentliche Zimmer mit Dusche, ein überflüssiges Fernsehgerät aber leider kein W-Lan. Die Heiße Dusche war nötig und verdient. Recht bald machten wir uns auf, ein angemessenes Abendessen zu jagen. In der Empfohlenen Musikkneipe gab es nur noch freie Tische  bei der Band. Das erschien uns zum Essen wenig attraktiv, drum wählten wir einen anderen Gasthof. Vorspeise, Fleisch, Nachspeise, wir nahmen alles mit, schließlich war das die erste richtige Mahlzeit heute. Danach machte sich recht schnell Bettschwere breit. Noch eine kurze Hunderunde und gegen halb 11 lagen wir auch schon im Bett. Die zeit bis halb zwei verlief dann folgendermaßen: Das Hoftor knarrte, der Hund knurrte, Übernachtungsgäste kamen auf den Hof, setzten sich unter mein Fenster, zündeten sich eine Zigarette an. Er erklärte ihr den Sternenhimmel, die Haustür knarrte, die Holztreppe quietschte, der Hund knurrte, die Zimmertür klemmte - Rums! Das wiederholte sich vier oder fünf Mal. Nach kurzem Schlaf begann die Hausherrin gegen sechs Uhr mit den Frühstücksvorbereitungen. Warum noch liegen bleiben, Da könnte man doch mal mit dem Hund durch die Stadt und auf den Deich? 


Dömitz ist eben so schön wie tot - fast jedes dritte der Fachwerkhäuser im herausgeputzten Stadtkern steht leer. Nach nicht verifizierten Angaben hat die Stadt fast die Hälfte ihrer Einwohner in den letzten 20 Jahren eingebüßt. Leere Straßen, der Zerfall ist wohl nicht aufzuhalten. Der Blick vom Deich am Sonntag Morgen erbaut jedoch und machte Lust auf Frühstück. Die ungute Vorahnung, die ich gestern schon, als der Heizkörper sich nicht aufdrehen ließ und das Licht im Hausflur schon nach einer halben Etage Fußweg wieder erlosch, bestätigte sich beim Frühstück. Mit den attributen "einfach" und "spartanisch" ist es gut beschrieben. Dei Hausherrin verabschiedete sich nach kurzer Zeit mit den Worten "....sie haben ja noch, ich gehe mal eine Runde spazieren." Welch kluger Schachzug zu diesem Zeitpunkt. 


Ein zweites Frühstück beim Bäcker in Hitzacker war so unvermeidlich. Während ich Spatzen fütterte kam ein, früher hätte man wohl gesagt, Landstreicher vorbei und fragte ganz ungeniert nach 5 Euro. Der Preis erschien uns überhöht, jedoch ließ der Mensch überhaupt nicht mit sich handeln. Angebote von einem belegen Brötchen schlug er mit der Begründung, keinen Hunger zu haben aus. Soweit wir beobachten konnten, waren seine größten Erfolge an diesem Sonntag Morgen heftiges Kopfschütteln von ebenfalls angesprochenen Passanten. Planänderung: statt Uelzen würden wir jetzt Lüneburg ansteuern. Dies wäre der Weg von gestern gewesen und hätte den Vorteil häufiger und günstigere Bahnverbindung, erkauft mit ein paar zusätzlichen Bergen und einer etwas weiteren Fahrstrecke. Wendland, lieblich wie gestern, heute sogar mit ein paar Sonnenstrahlen. Ich musste wieder an meinen Traum vom Micro-Wochenenddomizil denken, das Wendland wäre  auch ein heißer Kandidat. 


Den Herbst in den Knochen, vom Gegendwind und den Hügeln etwas zermürbt, kamen wir am späten Nachmittag in Lüneburg an - nicht jedoch zu spät für einen der Situation angemessenen Abschlußkuchen, bevor sich unsere Wege trennten. In der Bahn nach Hamburg dachte ich darüber nach, dass der Herbst ja gerade erst angefangen hat, und ich sicherlich noch einmal an die Elbe oder ins Wendland fahren könnte in diesem Jahr. Wie schön das doch wäre, damit nicht bis ins nächste Jahr zu warten









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