Freitag, 8. August 2014

Hochsommer

Hitze

Würde man Sommern Orden verleihen, so würde der norddeutsche Sommer 2014 einen ganz dicken bekommen. Die furchtbar heißen Tage hatte er sich verkniffen während es der angenehm heißen Tage zahllose gab und wie sich Regen anfühlte wußte niemand mehr so recht. Der Hochsommer hatte sich zum Monatswechsel eingestellt und mit ihm war Besuch aus der Heimat gekommen. Radfahren war der Plan. Hamburg im bei Sonnenuntergang zur Einstimmung, entlang der Ilmenau und durch die Vier- und Marschlande von Lüneburg nach Hamburg, der Alster von der Quelle zur Mündung folgen und, immer wieder mein ganz persönlicher Favorit - Fehmarn. Der Pinscher war selbstverständlich stets dabei




Das Vergnügen begann in vollen Zügen. Schon der Regionalexpress nach Lübeck war rekordverdächtig gefüllt. Die Fahrt in Regionalbahn auf der Vogelfluglinie in Richtung Puttgarden war ein Abenteuer. Die Fahrräder wurden übereinander gestapelt. Ein übereifriger Amerikaner verspannte sein Reiserennrad gar mit Bindfäden in den oberen Luftraum des Wagons, während ein dicker Kaugummi kauender junger Mann ohne Fahrrad, der es sich im Chaos bequem gemacht hatte, auch die dritte Aufforderung des Zugführers, sich doch bitte kostenneutral in das Abteil der 1. Klasse zu begeben, stoisch überhörte. 

...in vollen Zügen

Er war nicht der einzige. Auch eine korpulente junge Dame auf der anderen Seite stellte sich taub.  Nebenbei ihre Brut mit Süßigkeiten fütternd, telefonierte sie lautstark mit ihrer Oma - erzählte sie habe sich versehentlich schon wieder das falsche und viel zu teure Ticket gekauft und sowieso sei alles schrecklich wegen der vielen blöden Fahrradfahrer die heute unterwegs seien. Augenrollen, nicken, die Dummheit ertragen. Auch dieses Elend hatte ein Ende, nämlich in Oldenburg in Holstein. Hier holten wir das Frühstück nach, besorgten in einem Drogeriemarkt die vergessenen Reisekosmetika und bewegten uns langsam Richtung Norden, nach Heiligenhafen, dem Benidorm der Ostsee. Altrocker mit nackten Oberkörpern an Gehwagen, Dackelparade, Spatzenschwarm, Betonwüste.  Wir ließen uns bei einem Stück Kuchen nieder um das pittoresk Treiben auf der Promenade zu genießen. 

Fehmarnsund

Gleich um die Ecke kann man die norddeutsche Trauminsel schon sehen. Über die Brücke, die sich Züge, Autos und ganz am Rande auch Fußgänger und Radfahrer teilen überquerten wir den Fehmarnsund. 30°C, strahlender Sonnenschein, kobaltblauer Himmel, goldgelbe Felder, Möwengeschrei und die Seegelboote wurden von einer  eine feinen Brise getrieben, ja, das muss der Höhepunkt des Sommers sein. Wir peilten den Leuchtturm von Flügge an, ein von überall sichtbare Landmarke. Zur Freude des Pinschers durchqueren wir auf dem flachen Deich der Sundseite eine Schafherde. Das Reet wog rauschend im Wind und das Getreide war überreif. 

Hoch-Sommer


In dem kleinen Supermarkt beim Campingplatz in Flügge füllten wir Getränke auf. Von dort waren es nur ein paar hundert Meter bist zum Gedenkstein, der Pinscher trabte neben dem Rad her und legte sich dann in den Schatten. "Love and Peace 4.-6. September 1970". An dieser Stelle hatte Jimi Hendrix sein letztes Konzert gegeben bevor er wenige Tage später in London tot aufgefunden wurde. Geschüttet soll es haben damals, berichteten mir Zeitzeugen, pausenlos geschüttet, und Jimi soll so breit gewesen sein, dass lange nicht klar war, ob er es bis auf die Bühne schaffen würde.  Sei´s drum, ich war noch nie auf Fehmarn ohne diesen Ort zu besuchen. Jimi war ein großartiger Musiker und dieses Plätzchen hat tatsächlich etwas friedvolles. 


Wir fuhren weiter der Küste entlang. Der weg war staubig und steinig, das Gras auf dem Deich verbrannt. Auf der Belt Seite, hin zum offenen Meer, blies der Wind kräftiger und wir kamen schlechter voran als geplant. Für Kaffee und Kuchen war es schon zu spät. Trotzdem genehmigten wir uns eine Pause auf der Mole in Puttgarden. Auf den Tag genau ein Jahr vorher stand ich am Nordkap und habe die Mitternachtssonne gesehen. Hier auf der Fähre hatte unsere große Reise in den Norden begonnen. Drüben konnte man Dänemark sehen, Schweden, Finnland, die Lofoten, Saltfjel der Trollstieg, die Fjorde, Oslo - Nordfieber, die Bilder liefen wie ein Film vor meinen Augen ab.... nun mussten wir aber wirklich weiter.


Puttgarden Mole

Im Hafen Burgstaacken angekommen nahm das Tageslicht schon deutlich ab und die leere im Magen war kaum noch zu ignorieren. Das Restaurant, in dem wir uns nieder gelassen hatten, bot (noch) kühle Getränke, sonst nichts. Der Strom war ausgefallen. Nun wurde es wirklich langsam eng, noch 60 Minuten bis der Spätzug nach Hamburg abfuhr. Wir fuhren zurück zu dem kleinen Rummelplatz am Hafen, den wir eben überquert hatten. Nicht viel los, Wurst, Pommes, Crêpes, Cola, dazu ABBA, live von einer älteren jungen Dame vorgetragen. Es gab keine Alternative, aber irgendwie war es dann doch schön also die Sonne hinter dem kleinen Fischerhafen versank.

Burgstaaken

Der Schaffner, in Personalunion mit dem Zugführer begrüßte uns per Handschlag. Wir waren die einzigen auf dem Bahnsteig. Ich scherzte, er möge den Fahrschein vor der Abfahrt kontrollieren, alles Andere würde mir während der Fahrt Angst einjagen. Der Pinscher hatte sich schon in seinem Körbchen zusammengerollt und schlief, als der Zug über den Fehmarnsund Richtung Süden ratterte. Viel zu Kurz sind diese Tage. 











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