Montag, 28. April 2014

Reinfeld, Raps und Rübennase


Die Aller sollte es heute sein, oder entlang der Hunte, dann haben wir aber etwas getrödelt und ein Blick auf die Wetter-App verriet, südwestlich der Elbe Wolken, Nordöstlich der Elbe sieben Sonnen. Warum also nicht Ostsee, wir sind ja flexibel, der Pinscher und ich. Beim Blick in den "Wo-ich-immer-schon-mal-hinradeln-wollte-Ordner" stieß ich auf einen Rundkurs von Reinfeld nach Travemünde und zurück. Ein charmanter Vorteil: kostet 15,27 € weniger als gleich an den Teich zu fahren (HVV-Tarif) 


Werkzeug, Navi, Getränke, Müsliriegel, Jacke, Handy, Geld, Hund....ähm, einen Spritzer Sonnenmilch ins Gesicht, ich bin ein Optimist, und los. Verdammt, Sonnenbrille vergessen, egal, der Zug wartet nicht und das Onlineticket ist schon gekauft. In Reinfeld Gratislandluft aus erster Hand - achja, hier war das also mit dem Fahrradschleppen und der unmöglichen Bahnhofstür. Es geht sogleich bergan, auch Schleswig-Holstein kann gnadenlos sein. Der Gegenwind war zwecks körperlicher Ertüchtigung natürlich vorbestellt. Nach 3 Ecken, jenseits der Trave, beginnt die Augenweide und das Niesen. Blühende Rapsfelder so weit das Auge reicht und ein kleiner Hund im Körbchen, der allergisch auf Rapsblüten ist. Fast hatte ich das vergessen. Naja, besser als umgekehrt, schließlich muss ja ich die Berge hoch strampeln.

Nach 15 km erreichen wir Lübeck. Fremde Städte sind immer mit etwas Gewusel verbunden. Autofahrern ist das oft nicht bewusst, schließlich können sie sich deutschlandweit, oder gar europaweit auf konsistente Verkehrswege verlassen. Ein absoluter Traum für Radfahrer wäre das. Radwege mal links, mal rechts, mal mit mal ohne Gegenverkehr, unglaubliche Vorfahrtsregeln und diverse andere Überraschungen sind immer dabei. Auf dem Liegerad kommt noch hinzu, dass man oft Radwege gar nicht sieht aus dieser Position. Egal, wir bogen um eine Ecke, sausten einen kleine Hang hinunter und waren am Elbe-Lübeck-Kanal. Blaues Wasser, in der Sonne leuchtendes Reed und Ruhe. Links taucht immer wieder die markante Stadtsilhouette von Lübeck auf. An der Wakenitz biegen wir scharf rechts Richtung Schlutup ab und sind dann auch schon in Mecklenburg. Die Bundesstraße Richtung Dasow ist für Radfahrer ein Graus. Die enge Alle ist durch Leitplanken rechts und links noch einmal optisch verengt und der rege Kraftverkehr fließt wie so oft mit viel zu geringem Überholabstand vorbei. Leider habe ich noch keine Alternative für diesen Weg gefunden. Einziger Trost ist ab und an ein Blick auf die Trave. Linker Hand steht noch ein alter Grenzwachturm. Wir machen Pause. "Scheiß Wessis!" ist mit Weiß übertüncht. Müsliriegel, Hundekuchen und Wasser gibt es - wir streunen durchs Gelände auf der Suche nach einer ausgleichenden Bewegung für die Beine. 

Richtung Priwall wird die Strecke besser. Das einzige was noch krasser als der Raps leuchtet ist mein neues Fahrradshirt. Ich habe das gute Gefühl auf der Straße gesehen zu werden. Der Pinscher ist interessiert und wirkt zufrieden, nachdem die ersten Nies-Attacken nun vorüber sind. Das Campingdorf auf dem Priwall schläft noch - samt der schlechtesten Wurstbude der Welt. An der Travemündundung machen wir eine kurze Pause. Ich lege mich auf die warme Kaimauer, kühler Wind von der Ostsee bläst mir über die Härchen auf Armen und Beinen, die Sonne kribbelt, es riecht nach Salz, Tang und Meer, Joschi buddelt im Sand und die Möwen kreischen - kein Mensch weit und breit - das sind die Momente die man mit Geld nicht kaufen kann und ich finde einmal mehr, dass es eine gute Entscheidung war, jeden Montag frei zu haben.


"Karten nur im Automaten" Steht an der Priwallfähre. Ein Blick in mein Portmonee sagt, dass es keine Karte geben wird. Es hat auch niemanden interessiert. Auf der linken Traveseite zieht es mich sogleich zu Marzipantorte und Milchkaffe ins Niederegger Kaffee. Die Bedienung ist unfreundlich, der Zieharmonikamann spielt "Griechischer Wein" und "Ich war noch niemals in New York" ....passt schon, man muss auch Abstriche machen können. 

Die Kombination "Reit/Radweg" ist so übel wie sie sich anhört. Die Krönung sind mit losem Sand gefüllte Löcher. Moglicherweise Fußschmeichler für den Klepper, aber mein Vorderrad versank meist komplett darin. An fahren war nicht zu denken und Schieben war fast genau so doof. Immerhin bot man Buchenwald in frischem Grün und es waren ja nur zwei Kilometer. In der Gegend um Bad Schwartau nehmen Anzahl und Umfang der Erdbeerfelder signifikant zu - klassisches Marmeladenland also. Der Pariner Berg ist 72m hoch. Der Süddeutsche wird jetzt sicherlich lachen, aber von 0 auf 72 m ist genau so anstrengend wie von 800 auf 872 m, jedenfalls war es eine jämmerliche Quälerei dort hoch und bei der Gelegenheit hatte ich auch den Eindruck, dass ich hinten mal einen Satz neuer Zahnräder bräuchte. Die Kette sprang mehrfach unangenehm über beim Schalten. Einmal oben, auf dem Weg nach Klein Parin war klar, der Aufstieg hat sich gelohnt. Zur Rechten konnte man Richtung Timmendorf bist zur Ostsee schauen und links lag Lübeck mit seinen 7 Türmen - dazwischen Raps, Raps und Raps - eine tolle Aussicht. 


Noch gut 20 km bis Reinfeld. Nehme ich den Zug um 18 nach oder den um 7 vor? Gas geben oder trödeln? Die Sonne verschwiand langsam und es wurde kühler. Trotzdem entschied ich mich zu trödeln. Wieso solche einen schönen Tag mit Hektik beenden? Die Entscheidung war, wie sich später herausstellte, genial. In Reinfeld gab es kurz vor dem Bahnhof eine lange Umleitung. Den Zug um 18 nach hätte ich ohnehin verpasst.   Nach nunmehr 100 Kilometern war der Pinscher rechtschaffen müde. Schließlich hat er den ganzen Tag aufpassen müssen, dass wir uns nicht verfahren. Zur Belohnung gabs heute Kaninchenohr aus Hamburgs teuerstem Kaninchenohrladen. 




Freitag, 25. April 2014

Critical Mass



Die bisher größte (wenn man der Polizei und Wikipedia glauben darf) Zusammenrottung engagierter Fahrradfahrer in Deutschland. ,,We're not blocking traffic, we ARE traffic" und der Pinscher war selbstverständlich auch dabei. 

Auftakt am Planetarium im Winterhuder Stadtpark

Sonntag, 6. April 2014

Weltuntergänge und andere wiederkehrende unangenehme Ereignisse


Der Pinscher ist ein mutiger Hund, jedenfalls wenn es darum geht den Nachbarn die Grundstücksgrenzen zu zeigen oder dem Paketboten klar zu machen, dass hier nichts mitgenommen wird - garnichts, überhauptnichts!!! Sollte jemand so gerissen sein, unbemerkt bis zur Klingel durchzudringen und dann gar so unverfroren auf den Knopf zu drücken, dann kann man den Pinscher erleben, in voller Größe und mit beeindruckender Lautstärke.  

Ganz anders stellt sich dieser tapfere Hund jedoch bei weltungergangsähnlichen Ereignissen, wie z.B. Feuerwerken dar. Mit angelegten Ohren, den nicht vorhandenen Schwanz virtuell eingeklemmt, geduckt heranschleichend vorsichtig mit der Nase Herrchens Bein stupsen an Freitag Abenden bedeutet, auf dem 5 km entfernten Heiligengeistfeld ist mal wieder DOM und es findet, für Menschenohren kaum wahrnehmbar, das allwöchentliche Feuerwerk statt. 


Das Übel hat in Hamburg viele Gesichter und stets andere Namen. "Japanisches Kirchblütenfest", "Hafengeburtstag", "Frühlings-, Sommer- und Winterdom", "Alstervergnügen", diverse Schiffstaufen und mündet final in das alljährliche Sylvesterfeuerwerk. Alles Gelegenheiten von der Bestie zum herzchenklopfenden Schoßhund zu mutieren. Der Untergang ist stets näher als man denkt, z.B. gestern Abend, als die Segelclubs auf der Alster ihren Saisonauftakt mit satanischen Effekten zelebrierten.